Schule Corona
© Christoph Weißenbäck

COVID-19 Chaos an Wiener Volksschule: Krisenmanagement am Prüfstand

Nach einigen Corona-Fällen an Wiener Schulen gibt es einen neuerlichen Verdachtsfall. Ein Elternteil von zwei Kindern an einer Volksschule am Alsergrund wurde positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Wie erleben die Eltern der betroffenen Klassen das Krisenmanagement der Behörden? Ein Erfahrungsbericht.

Es ist Freitag, früher Vormittag. Eltern von Schulkindern zweier Klassen in der Volksschule Marktgasse werden von der Schule aufgefordert, ihre Kinder abzuholen. Corona-Verdacht. Da die Kinder seit der Wiederaufnahme des Schulbetriebs in zwei Gruppen unterrichtet werden, ist vorerst jeweils nur die Hälfte der Klasse betroffen. Die Kinder der anderen Gruppe haben an diesem Tag schulfrei.

Die Gesundheitsbehörden sind bereits verständigt. Der Pressesprecher von Stadtrat Hacker bestätigt später auf unsere Anfrage, dass die Testung bereits läuft. Ein Ergebnis wird für das Wochenende erwartet. Wahrscheinlich am Sonntag, wie er auf Nachfrage erklärt.

Soweit so professionell – bis am Sonntag um 14:16h die nachstehende Meldung einen Teil der Eltern erreicht: das Kind ist noch gar nicht getestet. Eine komplett widersprüchliche Information, die für Verwirrung und absolutes Unverständnis sorgt. Viele Eltern müssen jetzt spontan in Heimquarantäne, weil es die Behörden nicht schaffen, einen Test, der am Flughafen in 2-3 Std. erledigt ist (inkl. Resultat) innerhalb von 3 Tagen durchzuführen.

UPDATE 25.05.10:36
Lt. Informationen der Schule wurden die Kinder gestern abend (Sonntag, 24.05.) getestet. Ein Testergebnis soll in 2-3 Tagen feststehen. Gemeinderat Stefan Gara (Neos) hat auf den Vorfall reagiert und kündigt eine Debatte im Gemeinderat diese Woche an.

Eltern seit Beginn im Ungewissen

Während die Eltern der betroffenen Gruppe vom Verdachtsfalls informiert werden, dringt die Info an die Eltern der Parallelgruppe nur teilweise und zufällig durch. Auch die Elternvertreterin einer der betroffenen Klassen wurde nicht informiert. Rasch tauchen Fragen auf, ob man nun den für das Wochenende geplanten Verwandtenbesuch absagen soll, ob man sich nun wieder auf homeoffice einstellen muss und vieles mehr.

Drei Viertel der Schulkinder haben einen Migrationshintergrund und – im Gegensatz zu den Kindern – verstehen die Eltern die Informationen nur teilweise. Während die Schule also nur selektiv informiert, wünschen sich viele Eltern Information, die für sie einfach praktische Bedeutung hat.

Sicherheitsvorkehrungen an der Schule

Generell sind die Vorkehrungen zur Verhinderung von Ansteckungen gut durchdacht. Die Schulen können teilweise selbst entscheiden, wie sie Sicherheitsvorkehrungen gestalten. In der Marktgasse sehen die Maßnahmen so aus:

  • Die Einlasszeit wurde von 15 auf 30min ausgeweitet, nun können die Schulkinder bereits ab 7:30h das Gebäude betreten
  • Für die Eltern endet morgens der Zutritt zum Schulgebäude an einer Sperrlinie. Der Grätzlpolizist überwacht das ebenso gewissenhaft wie der Schulwart
  • Für einen geordneten Zutritt zur Garderobe sorgen Bodenmarkierungen – die Schulkinder werden einzelnen eingelassen
  • Die Klassen sind in zwei Gruppen geteilt, so haben etwa 12 Kinder genügend Platz
  • Diese Gruppen wechseln täglich – die Tische werden dazwischen gereinigt
  • Die Abholzeiten sind genau vorgegeben und gestaffelt

Ein Restrisiko bleibt natürlich: tritt ein Fall in einer Gruppe auf und wird etwa ein Lehrkörper infiziert, kann auch die andere Gruppe betroffen sein. Und natürlich treffen die Kinder in der Garderobe, auf dem Gang etc. aufeinander – nicht immer werden sie den Abstand einhalten können oder den empfohlenen MNS tragen.

Einlass in die Garderobe (c) Christoph Weißenbäck

Ein Problem scheint jedoch die Freizeitbetreuung darzustellen. Aus Ressourcengründen werden etwa Kinder aus beiden Gruppen nachmittags gleichzeitig in einem Hort betreut. Das führt die Trennung zur Unterrichtszeit ad absurdum.

Der Notfallplan der Stadt

Die Antwort aus dem Büro des Stadtrats (für Soziales, Gesundheit und Sport), Peter Hacker, überrascht zunächst: es gibt kein pauschales Prozedere bei Corona-Verdachtsfällen an Schulen.

Im Gespräch wird dann klar, dass die Umstände so unterschiedlich sein können, dass eine Blaupause keinen Sinn macht. War ein betroffener Elternteil in der Schule, wie intensiv waren Kontakte, etc.? Man setzt auf individuelles tracing und eine beschleunigte Testung. Jede Schule hat deshalb eine(n) Coronabeauftragte(n) – so soll sichergestellt werden, dass es einen direkten Draht gibt und nicht der Weg über die Hotline 1450 gewählt werden muss. Laut den aktuellen Informationen ist das Kind allerdings noch gar nicht getestet worden und man wartet auf einen Termin.

Es gibt keine Blaupause für ein pauschales Prozedere

Mario Dujakovic, Pressespecher von Stadtrat Peter Hacker

Noch überraschender ist, dass die Schulleitung das letzte Wort hat. Sie kann behördliche Vorgaben auch ausweiten und aus Lehrkräftemangel etwa auch eine ganze Schule schliessen. Welche Entscheidung die Direktorin trifft, ist noch unklar – sie war freitags leider nicht vorort.

Fazit: eine umfangreichere Information der Eltern würde Befürchtungen und Unklarheiten erträglicher machen. Man muss sich wohl verstärkt darauf einstellen, dass vieles improvisiert abläuft und mehr Eigenverantwortung gefordert ist. Eben keine Blaupause. Aber die widersprüchliche Behördeninfo geht gar nicht.

Teilen: