Heumarkt
(c) Stadtpolitik, Bildquellen: MA21

Heumarkt I: Die verhängnisvolle und skurile STEK-Sitzung vom 16.04.2013

Die Stadtentwicklungskommission (STEK): Ihr Sanktus schafft die Voraussetzung für die Realisierung von Großprojekten. Prädikat: eher geheim. Ein zugespieltes Protokoll offenbart nun, was sich für den weiteren Verlauf der Planungen am Heumarkt als verhängnisvoll erweisen sollte.

Die klandestine Stadtentwicklungskommission

Unbeobachtet weil unbeobachtbar stellt die STEK die Weichen für die Großprojekte der Stadt. Der Kreis der wichtigsten Stadtpolitiker und Spitzenbeamten sind in der STEK als Mitglieder unter dem Vorsitz des Bürgermeisters vertreten: amtsführende und nicht amtsführende Stadträtinnen und Stadträte, Klubobleute, Ausschussvorsitzende sowie Bau-, Planungs- und Finanzdirektorinnen und -direktoren sowie die höchstrangigen Beamtinnen und Beamten der Planungsdienststellen.

Nach Recherche etwa 40 Personen. Dazu kommen noch eine Handvoll beratende Mitglieder aus der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer und den Wiener Linien sowie ausgewählte Personen aus magistratischen Dienststellen. In Summe also etwa 50 Personen, die zusammensitzen, sich die vorbereiteten Vorschläge für Projekte ansehen, gegebenenfalls Fragen stellen und schlußendlich abstimmen.

Zwei- bis dreimal pro Jahr findet eine Sitzung statt, meist werden mehrere Projekte pro Sitzung behandelt. Anders als etwa in Salzburg finden die Sitzung unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt, auch die Termine, Tagesordnungen und Protokolle sind der Bevölkerung nicht zugänglich. Die Unterlagen sind erfreulicherweise für eine gewisse Dauer auf der Liste der aktuellen Vorhaben der Stadtentwicklung abrufbar. Archive gibt es jedoch keine.

Bereits bestehende Stellungnahmen der UNESCO

Auf Betreiben der Stadt Wien wurde 2001 das historische Zentrum Wiens zum UNESCO-Welterbe ernannt. 2017 landete dieses Welterbe aufgrund des geplanten Bauprojekts am Heumarkt auf der roten Liste. Dem gingen jedoch mehrfache Warnungen voraus: bereits 2012 berichtete die UNESCO in einem Mission Report zum geplanten Bauprojekt am Heumarkt:

UNESCO-ICOMOS, MISSION REPORT, Historic Centre of Vienna (C 1033), 17-20 September 2012

Schon bei der Ernennung des historischen Zentrums war der UNESCO die Höhe des Hotels Intercontinental ein Dorn im Auge. Als Maximalhöhe wurde nun dessen Höhe genannt. Mehr noch: die Neugestaltung des Areals wurde nun als Chance gesehen, die Höhe des Hotels (43m) sogar zu reduzieren.

Die Unterlagen zur STEK-Sitzung

Wie die Stadt Wien auf Ihrer Website erklärt, wurden auf Initiative der Stadt 2012 in zwei umfangreichen Hearings die Möglichkeiten des Areals ausgelotet. Daran nahmen Akteurinnen und Akteure vor Ort (WEV, Konzerthaus, Hotel Intercontinental), der Investor, Vertreterinnen und Vertreter des Magistrats und der Politik (Stadtplanungsressort, Planungssprecher, Bezirke) sowie Fachexpertinnen und Fachexperten aus Architektur und Städtebau sowie Denkmalschutz teil.

Die zentrale Arbeit der Erstellung von Entwürfen übernahmen drei Planungsteams, die jeweils aus zwei ArchitektInnen-Teams und einem akademischen Lehrer (Technische Universität oder Akademie der Bildenden Künste) bestanden.

Das Ergebnis des Verfahrens einschließlich der Empfehlungen wurde zu städtebaulichen Leitlinien zusammengefasst und der STEK in der Sitzung vom 16.04.2013 vorgelegt;

Wie die Unterlagen zur STEK-Sitzung zeigen, wurden 3 Leitlinien zum Beschluß vorgelegt: zwei davon widersprachen den eindeutigen Empfehlungen der UNESCO, eine Variante stand im Einklang zum UNESCO Welterbe.

Der verhängnisvolle Beschluss

Am 16.04.2013 ist es so weit: als Tagesordnungspunkt 2 präsentiert ein Mitarbeiter der MA21 der STEK die Ausgangslage sowie die 3 erarbeiteten Leitlinien für das Bauprojekt.

Das Protokoll offenbart die Skurilität des Beschlusses: obwohl als Grundsatz die Vereinbarkeit mit dem UNESCO Welterbe definiert wird, werden gleichzeitig 2 Varianten in Betracht gezogen, die im Widerspruch dazu stehen. Der freiheitliche Gemeinderatsausschuss-Vorsitzender-Stv. Anton Mahdalik weist nochmals explizit auf diesen Umstand hin.

Unbeirrt werden die Städtebaulichen Leitlinien von SPÖ, ÖVP und den Grünen gegen die Stimmen der FPÖ beschlossen.

Nur 4 Monate später startet der Architekturwettbewerb. Ein offener Brief vom 23.05.2013 von Persönlichkeiten der österreichischen Architektur- und Kulturszene sowie Stellungnahmen der Kammer der ZiviltechnikerInnen, ArchitektInnen und IngenieurInnen zeugen vom Unverständnis rund um diese Entscheidungen.

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