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Impfbetrug: Ermittlungen gegen hunderte „Kunden“ einer Wiener Arztpraxis

Käufer von gefälschten Impfpässen wurden in eine Wiener Arztpraxis zwecks Nachtrag in das elektronische Impfregister geschickt. Ärztekammer ist uninformiert, das Gesundheitsministerium liefert widersprüchliche Informationen.

Im Rahmen von Ermittlungen u.a. des Bundeskriminalamts (BKA) konnte festgestellt werden, dass mehrere hundert Personen in einer Wiener Arztpraxis Schutzimpfungen gegen Covid-19 nachtragen haben lassen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen geht das BKA jedoch davon aus, dass die beschuldigten Personen die Impfung tatsächlich nicht erhalten haben. Dies geht aus einem internen Schreiben des BKA hervor, das dem Blog Stadtpolitik vorliegt.

Die Nachtragungen sollen nicht etwa zeitnah zur Impfung erfolgt sein, sondern insbesondere für die erste Teilimpfung um Wochen später. Die Eintragung in das Impfregister wird durch das System selbst generiert und erfolgt üblicherweise am Tag der Impfung selbst oder am Folgetag.

So lief der Betrug

Die Impfpässe selbst waren offensichtlich perfekt gefälscht, da sowohl Blanko-Impfpässe und Originalstempel aus der Impfstraße im Austria-Center-Vienna verwendet wurden. Über Mundpropaganda auf Demonstrationen oder Weitergabe von Kontaktdaten innerhalb impfkritischer Gruppen wurden die gefälschten Impfpässe beworben und um ca. € 400,- verkauft. Die Übergabe erfolgte auf der Straße oder in einer Wohnung im 11. Bezirk. Bei der Übergabe des Impfpasses wurden die Käufer informiert, dass sie sich in eine bestimmte Wiener Ordination zur Nachtragung in das elektronische Impfregister begeben sollen.

Die Käufer mussten bisherigen Erkenntnissen zufolge nicht einmal persönlich erscheinen. Es reichte, wenn etwa eine Person mit den Impfpässen und zugehörigen e-cards mehrerer anderer Personen zur Nachtragung vorstellig wurde. „Wichtig war die Bezahlung des festgelegten Honorars“, heißt es im Schreiben des BKA. Offen ist noch, ob die Eintragung durch den Arzt selbst durchgeführt wurde.

Ärztekammer Wien uninformiert

Auf Nachfrage bei der Wiener Ärztekammer erhielt Stadtpolitik die Auskunft, dass „nach Rückfrage im Haus uns dieser Vorwurf seitens der Behörde nicht bekannt ist.

Widersprüchliche Aussagen aus dem Gesundheitsministerium

Dem Gesundheitsministerium sind die Vorwürfe ebenfalls nicht bekannt. Ein Pressesprecher von Bundesminister Rauch schreibt: „Zu diesem konkreten Fall liegt dem BMSGPK keine amtliche Kenntnis vor“. Laut internem Schreiben des Bundeskriminalamts muss das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) jedoch informiert gewesen sein, denn das Ministerium erstellte im Wege der Amtshilfe eine Liste der Impfungen, die von der beschuldigten Arztpraxis durchgeführt wurden.

Weiters schreibt das Gesundheitsministerium: „Auf Seiten der eintragenden Ärzt:innen können diverse organisatorische, personelle, ressourcentechnische oder technische Gründe dazu führen, dass Impfungen lokal dokumentiert werden und erst nachträglich in eImpfpass eingetragen werden.

Folgende Beispiele werden genannt:

  • Impfende Stelle ist technisch nicht mit so vielen Eingabegeräten, die an eImpfpass angebunden sind, ausgestattet. Eine Übertragung der Impfungen erfolgt erst z.B. 1-2 Tage später.
  • Impfende Stelle kann sich am Tablet nicht anmelden und erfasst 1 Woche später die verabreichten Impfungen.
  • Die der Eintragung vorgelagerte Arztsoftware ist temporär nicht funktionsfähig und verhindert einen Zugriff auf die ELGA-Umgebung

Das Ministerium ist daher der Auffassung, dass aus den oben angeführten Gründen keine Schlüsse aus abweichenden Impf- und Eintragungsdaten gezogen werden können, „um etwaige gefälschte Impfeinträge überhaupt zu eruieren, geschweige denn eine zweckmäßige Überprüfung der eintragenden Stellen zu veranlassen.

Die Feststellung der um Wochen später erfolgten Nachtragungen im Falle der Wiener Arztpraxis waren jedenfalls für das BKA relevant, denn in der Auswertung der Daten des Gesundheitsministeriums seien „die zeitlichen Abstände zwischen des Impfdatums und des Eintragungsdatums klar ersichtlich“.

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