Lateinamerika-Institut
(c) Stadtpolitik / Weißenbäck

LAI-Insolvenz: Solidarität von Bevölkerung und Bezirk

Das Wiener Lateinamerika-Institut ist in die Insolvenz geschlittert. Seit 1965 ist das Institut im Herzen Wiens das einzige Kompetenzzentrum für Lateinamerika in Österreich. Bund und Stadt Wien schieben sich nun die Verantwortung für die Unterstützung gegenseitig zu.

Das Kursprogramm für das Sommersemester 2020 liegt seit Wochen in vielen Wiener Haushalten. Umso überraschender kommt die Meldung am 17. Jänner über die Anmeldung der Insolvenz. Als wesentliche Gründe nennt das LAI die sukzessive Kürzung von öffentlichen Subventionen sowie rückgehende Sprachkurs-einnahmen. Um den Betrieb aufrecht erhalten zu können, braucht das Lateinamerika-Institut Förderungen im Ausmaß von jährlich € 100.000,- für die nächsten 3 Jahre.

Im Gespräch mit ‘Stadtpolitik’ beklagt LAI-Institutsleiterin Andrea Eberl die fehlende Priorität von Lateinamerika in der Politik. Während Spanisch nach Englisch mittlerweile die populärste Fremdsprache ist und die Bevölkerung ein großes Interesse an Lateinamerika zeigt, werden wichtige Fördermittel gestrichen. Im Außenministerium ist gar nur eine Person für die Regionen Nord- und Südamerika zuständig.

Das Kompetenzzentrum für Lateinamerika

Das Lateinamerika-Institut betreut etwa 2.000 Sprachschülerinnen und Sprachschüler, aber bietet wesentlich mehr: “Sprachvermittlung ist auch immer Kulturvermittlung”, sagt Eberl. Sie meint auch, dass dies die Übersetzungsprogramme und digitalen Sprachkurse, die stark nachgefragt sind, nicht leisten können. Neben den Sprachkursen veranstaltet das LAI Podiumsdiskussionen zu aktuellen gesellschaftlichen Themen, Vernissagen, Lesungen und Buchpräsentationen. Als Kompetenzzentrum ist man auch die erste Anlaufstelle für Geschäftsleute, Wissenschafter oder Botschafter.

Mag.a Andrea Eberl,
Bild: (c) Stadtpolitik / Weißenbäck

Kulturabteilung der Stadt: “Kaum Mehrwert für Wien” !

Kaum ein Theater, Kleinkino oder sonstige Kultureinrichtung könnte ohne laufende Subventionen überleben. Entsprechend groß ist der Fördertopf der Stadt Wien. Laut Subventionsbericht 2018 hat der Gemeinderat für Unterstützungen im Bereich MA7 (Kulturabteilung) einen Betrag von € 316 Mio. genehmigt. Keine Unterstützung gibt es lt. Eberl für das Lateinamerika-Institut, da die MA7 der Ansicht ist, das LAI bietet “kaum Mehrwert für Wien”. Auch eine zugesagte Förderung aus dem Bereich der Geschäftsgruppe Kulturpolitik (Stadträtin Kaup-Hasler) wurde wieder zurückgezogen, weil der Bund finanziell nicht mitziehe.

Solidaritätserklärungen der WienerInnen und des Bezirks

Überwältigt ist Andrea Eberl über die Reaktionen aus der Bevölkerung. Mehr als 30.000 Solidaritätsbekundungen wurden innerhalb von 2 Tagen in den sozialen Medien abgegeben. Eine kurzfristig gestartete Petition wurde innerhalb von wenigen Tagen 2.500mal unterzeichnet. Viele Organisationen und Privatpersonen haben sich auch telefonisch gemeldet. Grundtenor: “Das kann gar nicht sein.”

Bezirk fordert Erhalt des LAI:

Bezirksvorsteherin Saya Ahmad (SPÖ) hat die Nachricht “mit Bedauern vernommen” und meint: “Ich werde mich für den Erhalt des LAI einsetzen”. Sie kündigt Gespräche mit der Institutsleitung an, um auszuloten, ob und wie eine Unterstützung möglich ist – nicht nur bezirksseitig sondern auch von der Stadt Wien.

Die Klubobfrau der Alsergrunder Grünen, Josefa Molitor-Ruckenbauer, meint: “Das LAI bringt auf jeden Fall einen Mehrwert und ist eine Bereicherung für den Bezirk”. Sie kündigt an, die Situation mit der Wiener Landesgruppe zu besprechen.

Auch die FPÖ ist dem Erhalt des LAI positiv gestimmt. Klubobmann Gregor Amhof kündigt diesbezüglich eine Anfrage an den Bezirk an.

NEOS-Klubchef Szabolcs Nagy sieht im LAI eine etablierte Institution, die sowohl einen “hohen kulturellen als auch bildungspolitischen Wert” aufweist. Er ergänzt, dass nach seinen Informationen noch nicht um Förderungen angesucht wurde und der Ball nun beim Vorstand des Vereins liegt, über Kulturförderung das LAI wieder auf die Beine zu stellen.

update 19:25: Auch die Klubobfrau der ÖVP Alsergrund, Elisabeth Fuchs, sieht das LAI als wichtige bildungspolitische Institution. Sie wird bezüglich des Erhalts mit Ihren KollegInnen im Wiener Rathausklub sprechen.

Dem LAI ist es gelungen, den Betrieb bis Juni 2020 sicherzustellen. Damit können die Kurse im Sommersemester 2020 stattfinden. Das gibt auch den Politikern Zeit, ein Lösung zu finden. Keine Lösung für das LAI scheint für die Bevölkerung undenkbar.

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