© Christoph Weißenbäck

Althan Quartier im Wahlkampf: Grüne wollen Verhandlungen um Hochhäuser wieder aufnehmen.

Seit gut einem Jahr steht das Ergebnis der Planungen rund um das Althan Quartier fest: es kommen keine neuen Hochhäuser, der Immobilienentwickler 6B47 revitalisiert seine Objekte nach heftigen Protesten und erfolglosen Verhandlungen innerhalb der bestehenden Widmung. Die Grünen wollen nun einen neuen Anlauf unternehmen und Gespräche mit dem Investor aufnehmen, falls sie das Duell um die Bezirksvorstehung gewinnen.

Über das Stadtentwicklungsgebiet Althangrund wurde in den letzten Jahren intensiv berichtet. Heftige Proteste der BürgerInnen und eine geschlossene Ablehnung der ursprünglichen Hochhauspläne durch den Bezirk führten zunächst zu einer massiven Verringerung der anfangs angedachten Höhe von 126m auf 58m. Zum Vergleich: das ist fast dreimal so hoch wie die angrenzenden Gründerzeithäuser.

Bei einer Versammlung mit 380 BürgerInnen platzte dann die Bombe: der Entwickler konnte den im Gegenzug zur Umwidmung durch den Gemeinderat geforderten teilweise leistbaren Wohnraum nicht bieten. “Zu teuer”, hieß es damals. Dazu kamen Berichte über Lärmprobleme im gerade fertiggestellten und ebenfalls auf der Überplattung des Franz-Josefs-Bahnhofs situierten Wohnkomplexes “Althanpark”. Auch die lokale Bürgerinitiative nahm an der Bezirksversammlung teil und wetterte gegen Scheinargumente der Projektbefürworter. Nachdem die Sozialwohnungen nun vom Tisch waren, verliefen auch die Verhandlungen des Bezirks und der Stadt mit dem Investor erfolglos.

© 6B47 – Übersichtsgrafik und Gebäudeteil “Francis”

Zufriedenheit mit bestehender Flächenwidmung

6B47 beschloß schließlich innerhalb der bestehenden Flächenwidmung Büros, privaten Wohnraum, ein Hotel und eine Hochgarage zu revitalisieren bzw. entwickeln. “Wir haben lange gewartet, aber irgendwann ist die Luft draußen.”, meinte im Herbst 2019 Kurt Rusam, Geschäftsführer 6B47 Austria GmbH & Co. KG in einer Stellungnahme.

Mittlerweile ist die verweigerte Höherwidmung zum Verkaufsargument geworden, wie der Website von 6B47 zu entnehmen ist:

Das neu entwickelte Stadtquartier sieht eine Mischnutzung aus Wohnen, Büro, Retail, Hotel und Gastronomie vor. Bei der Planung wurde auf einen respektvollen Umgang mit der Umgebung und dem gewachsenen Stadtbild geachtet. Das neue Stadtteilzentrum fügt sich somit harmonisch in die bestehende Bezirksstruktur ein.

website 6B47, information zum althanquartier


Auch die Bürgerinitiative ist zufrieden, trotz der bevorstehenden Bauarbeiten in den nächsten 2 Jahren. Die Bezirksvorsteherin am Alsergrund, Saya Ahmad (SPÖ) nahm das Ergebnis zur Kenntnis und meinte in einem Interview: “ Wenn sich die Investoren nicht an das Leitbild halten, gibt es von unserer Seite auch kein O.K. für die Flächenwidmung.”

Grüne: “Retten, was zu retten ist”

Am Rande des gestrigen Pressetermins zum Thema “Stopp dem Durchzugsverkehr durch den Alsergrund” wollte stadtpolitik|wien von der derzeitigen BV-Stellvertreterin und Spitzenkandidatin der Grünen am Alsergrund, Monika Kreutz, eigentlich nur wissen, wie sich die Grünen die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes vorstellen.

Herausgekommen sind überraschende Ankündigungen für den Fall, dass Kreutz im Oktober Bezirksvorsteherin wird. Und die Chancen stehen gut für sie: die Grünen waren der SPÖ schon 2015 dicht auf den Fersen, Saya Ahmad (SPÖ), die 2018 die Vorstehung übernommen hat, stellt sich Ihrer ersten Wahl. Und: die Grünen lagen bei der letzten Nationalratswahl an erster Stelle im Bezirk.

“Ich will nicht, dass die Chance vertan ist. Ich erwarte mir, wenn ich Bezirksvorsteherin bin, dass ich nochmal Gespräche mit den Betreibern 6B47 führe und einfach versuche zu retten, was noch zu retten ist.”

monika kreutz zum althan quartier

Für Kreutz ist das Mindeste, dass es eine (Anm.: finanzielle) Beteiligung bei der Gestaltung des Platzes gibt und dass es gute Übergänge gibt, vom Lichtental ins Nordbergviertel und vom Julius-Tandler-Platz bis zur Spittelau.

© Christoph Weißenbäck

Kreutz: Höhenentwicklung mit 55-58m vorstellbar

Befragt nach möglichen Zugeständnissen, die sie dem Investor für seine finanzielle Beteiligung bzw. Investition in Infrastruktur anbieten könnte, verwies Kreutz auf das Ergebnis der 2. Wettbewerbsstufe mit einer Höhenentwicklung von 55-58m.

Auch eine Tiefgarage lehnte Kreutz nicht kategorisch ab: “Hier müsste man mit 6B47 reden“.

Angesprochen auf die ursprünglich geplanten Sozialwohnungen, die auch wohl wegen des Zuglärms nicht hätten realisiert werden können, meinte sie, dass man in den beiden seitlich vom Bahnhofstunnel geplanten Wohnbauten soziale Einrichtungen wie das Neunerhaus (Wohnungen für obdachlose Menschen) unterbringen könnte. Kreutz hatte bereits 2019 bei einer Umwidmung die Unterbringung von obdachlosen und armutsgefährdeten Menschen um 4,40 pro m² im Bezirk erfolgreich verhandelt (Alserbachstraße 4).

Fazit: Die Ankündigungen der Grünen kommen überraschend, schließlich sind sowohl die AnrainerInnen als auch der Investor mit dem status quo zufrieden und die damals verhandelnde SPÖ hat das Ergebnis nicht zuletzt aufgrund technischer Gegebenheiten akzeptiert.

Ob sich die Grünen hier Gutes tun, ist fraglich. Bei den AnrainerInnen wird das für Verunsicherung führen und ob der Investor argumentativ wieder umschwenkt, ist auch fraglich.

Fast vergessen schienen auch die Zeiten, als die Grünen regelmäßig wegen Ihrer Planungspolitik kritisiert wurden. Klimawahl und Corona haben schließlich die zahlreichen Stadtentwicklungsprojekte und umstrittenen Umwidmungen aus dem Fokus gezaubert. Wer denkt heutzutage an den Heumarkt, obwohl das von Tojner für den Herbst versprochene Alternativkonzept laut einem Insider bereits in manchen Schubladen des Rathauses lagert. Vor den Wahlen wird es wohl den Weg aus diesen nicht hinausfinden. Was man hört, verständlicherweise.

Es bleibt also offen, was dieser neue Anlauf bringt.

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