Spätestens seit der Entscheidung über den Projektstart im Gemeinderat 2017 sind die Positionen der Wiener Parteien zum Thema Heumarkt und Unesco bekannt. Was sagt eigentlich die Bevölkerung dazu? Repräsentieren die Volksvertreter die öffentliche Meinung?
Das Thema Bürgerbeteiligung ist ein klassisches Streitthema. Die einen verweisen auf die repräsentative Demokratie, die Bürgerbeteiligung per se obsolet macht. Die anderen sehen in der Bürgerbeteiligung einen Eckpfeiler für politische Entscheidungsprozesse.
Welchen Standpunkt man auch vertritt, problematisch wird es wenn legitimierte Volksvertreter die öffentliche Meinung nicht mehr repräsentieren. Oder, wie es der FPÖ-Gemeinderat Christian Unger 2017 lt. ‘Heute‘ formulierte: ” Es geht darum, dass man sich an internationale Verträge hält”.
Im Zuge der Diskussionen 2017 meinte die damalige Neos-Gemeinderätin Beate Meinl-Reisinger, es gebe “moderne Architektur, die mit Weltkulturerbe vereinbar sei” und forderte eine “neue, innovative” Bürgerbeteiligung. Der Antrag betreffend Einrichtung des Instruments des Bürgerrats zur Begleitung von kontroversiellen Vorhaben fand keine Mehrheit.
Eine von offiziellen Stellen in Auftrag gegebene Meinungsumfrage zum Thema Heumarkt bzw. Unesco-Weltkulturerbe “Historisches Stadtzentrum von Wien” gibt es nicht. Es finden sich jedoch einige Umfragen, die teilweise aussagekräftig scheinen und überraschende Ergebnisse bringen:
Im Auftrag des Projektentwicklers Wertinvest wurden 1.000 Wiener und Wienerinnen im April 2017 online zur Neugestaltung befragt. Die Tageszeitung ‘Heute’ titelte: “73% der Wiener für Neugestaltung“. Die exakten Fragen wurden nicht genannt, laut dem Bericht stimmten rund sieben von zehn Wienern und Wienerinnen der Aussage zu beziehungsweise eher zu, dass die geplante Neugestaltung des Heumarkts einen neuen, interessanten öffentlichen Platz schafft, den Standort Heumarkt belebt oder aufwertet.
Eine große Überraschung bringen zwei Online-Umfragen von ‘Heute’: Plaziert u.a. im Artikel von 2017, in dem lt. Projektbetreiber 73% der Wiener für eine Neugestaltung sind, zeigt eine Umfrage ziemlich exakt das Gegenteil: 71% sind gegen den geplanten Turm.
Auch eine weitere Umfrage von ‘Heute’ liefert eine Überraschung. Hier wurde der mögliche Verlust des Weltkulturerbestatus in Relation zur Dringlichkeit einer Neugestaltung gesetzt:
Nicht nur der Projektbetreiber ließ eine Umfrage durchführen, auch Projektgegner wollten die öffentliche Meinung kennen – und das schon 2014. Lt. einem Bericht der Bezirkszeitung wurden unter Aufsicht der Notarin Dr. Weihs-Raabl beim Oberen Belvedere 293 Antworten gesammelt, davon waren 4 für das Projekt, 278 dagegen und 11 unentschieden.
Unter der Headline “Wiener City: Wer braucht das Weltkulturerbe?” veröffentlichte der Kurier auch das Ergebnis seiner Online-Umfrage vom 22.03.2019. Fast 2.000 KURIER-Leser nahmen an der Abstimmung teil. Knapp zwei Drittel gaben dabei an, dass ihnen der Welterbe-Titel für Wien wichtig ist.
Quelle: Kurier vom 24.03.2019
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